Regelung über den Investitionsersatz im UGB
§ 454. (1) Ein Unternehmer, der an einem vertikalen
Vertriebsbindungssystem als gebundener Unternehmer im Sinne des §
30a KartG oder als selbständiger Handelsvertreter (§ 1 HVertrG)
teilnimmt, hat bei Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem
bindenden Unternehmer Anspruch auf Ersatz von Investitionen, die er
nach dem Vertriebsbindungsvertrag für einen einheitlichen Vertrieb
zu tätigen verpflichtet war, soweit sie bei der Vertragsbeendigung
weder amortisiert noch angemessen verwertbar sind.
(2) Der Anspruch besteht nicht, wenn
a) der gebundene Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt oder
vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, dass dafür ein dem bindenden
Unternehmer zurechenbarer wichtiger Grund vorlag,
b) der bindende Unternehmer das Vertragsverhältnis aus einem dem
gebundenen Unternehmer zurechenbaren wichtigen Grund gekündigt oder
vorzeitig aufgelöst hat oder
c) der gebundene Unternehmer gemäß einer Vereinbarung mit dem
bindenden Unternehmer die Rechte und Pflichten, die er nach dem
Vertrag hat, einem Dritten überbindet.
(3) Der gebundene Unternehmer verliert den Anspruch, wenn er dem
bindenden Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung
des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, dass er seine Rechte
geltend macht.
(4) Ansprüche nach Abs. 1 können zum Nachteil des gebundenen
Unternehmers im Voraus durch Vereinbarung weder aufgehoben noch
beschränkt werden.
(5) Der Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG bleibt von dieser
Bestimmung unberührt.
§ 906. (9) § 454 in
der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 ist auf
Investitionen anzuwenden, zu denen der gebundene Unternehmer zur
Durchführung des Vertriebsbindungsvertrags nach In-Kraft-Treten
dieser Bestimmung verpflichtet wird. Bereits bestehende Ansprüche
bleiben unberührt.
Materialen zu §§
454 und 906 HGB
Zu Art. 66 Z 2
(Achter Abschnitt des HGB)
Im Rahmen
mittelbarer Vertriebs- und Dienstleistungssysteme verpflichten
Hersteller, Importeure oder Franchisegeber die Teilnehmer der ihnen
nachgelagerten Absatz- oder Servicenetze oft zu Aufwendungen und
Investitionen, die vielfach zwar in erheblichem Maß im eigenen
wirtschaftlichen Interesse der Produzenten liegen, deren
finanzielles Risiko aber auf diese nachgelagerte Stufe überwälzt
werden soll. Insbesondere wirtschaftlich unterlegene Klein- und
Mittelbetriebe sind als Vertriebsmittler davon häufig betroffen: Als
Vertragshändler oder Franchisenehmer fördern sie den Vertrieb des
Herstellers in rechtlicher Selbstständigkeit, sie werden von ihm
jedoch derart in sein Absatzsystem eingebunden, dass zwischen ihrer
unternehmerischen Entscheidungsbefugnis und ihrem Absatz- und
Kreditrisiko erhebliche Diskrepanz bestehen.
Kündigt der
Hersteller, Importeur oder Franchisegeber das Vertragsverhältnis
auf, sind die von ihm verlangten, meist markenspezifischen
Aufwendungen und Investitionen häufig noch nicht amortisiert, ohne
dass sie für den Absatzermittler weiterhin von Wert wären. Das
Aushandeln entsprechend längerer Kündigungsfristen ist – aus
tatsächlichen oder rechtlichen Gründen – oft nicht möglich.
Der Ersatz
solcher Investitionskosten kann mit der geltenden Rechtslage nur
schwer begründet werden: Die Voraussetzungen des
Ausgleichsanspruches nach §24 HVertrG (den die Rechtsprechung analog
auch auf Vertragshändler anwendet: SZ 62/184; 63/175; WBl 1991, 332;
1997, 171; EvBl 1998/104; RdW 1998, 674; ecolex 1999, 322 wbl 2000,
526; zur Analogie für Franchisenehmer Kalss/Schauer,
Handelsrecht, Rz 11/43; Grohmann, Praxis des
Franchisenehmers, Rz 80ff), liegen meist nicht vor. Aufgrund der
Vertragsbezeichnung bestehen keine Bereicherungsansprüche des
Vertragshändlers. Auch ein Anspruch aus einem Auftragsverhältnis
kann nicht ohne Zweifel aus § 1014 ABGB abgeleitet werden.
Die
Rechtsprechung (OGH 12.4.2000, 4 Ob 62/00x, ÖBI 2001, 137) hat
bereits ausgesprochen, dass bei noch nicht amortisierten
fremdbestimmten Investitionen die Beendigung von
Absatzmittlungsverhältnissen Ausgleichsansprüche des Händlers gegen
den Hersteller erzeugen kann, weil die Kündigungsfristen und die
Amortisationsdauer nicht zwangsläufig deckungsgleich sein müssen.
Diese Entscheidung beruht auf Art 5 Abs 2 Z 2 der
EG-Gruppenfreistellungsverordnung für Vertriebs- und
Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (EG Nr. 1475/95 vom
28.6.1995), dem zufolge die Kündigungsfrist bei unbefristeten
Verträgen, die grundsätzlich mindestens zwei Jahre zu betragen hat,
auf ein Jahr verkürzt werden kann, wenn der Lieferant kraft Gesetzes
oder aufgrund besonderer Absprache bei Beendigung der Vereinbarung
eine angemessene Entschädigung zu zahlen hat. Nach dem erwähnten
Erkenntnis des OGH muss eine solche angemessene Entschädigung auch
den Ersatz für nicht amortisierte Investitionen umfassen. Die
Regelung wurde in der neuen Gruppenfreistellungsverordnung für den
Kraftfahrzeugssektor beibehalten (Art. 3 Abs. 5b EG Nr 1400/2002 vom
31.7.2002). Die Grundgedanken der Judikatur sollen nun ausdrücklich
festgeschrieben werden, wobei freilich nicht allein auf den
Kfz-Vertrieb und auch nicht allein auf die Kündigungsfristen und
–gründe der Gruppenfreistellungsverordnung abgestellt werden darf.
Das vorliegende
Problem wäre am besten im Rahmen einer umfassenden Kodifikation der
betroffenen und bislang nicht explizit normierten Vertragstypen zu
regeln; dies kann derzeit jedoch nicht geleistet werden.
Andererseits erschiene es methodisch unbefriedigend, im
Handelsvertretergesetz lediglich eine Analogiebasis für
Investitionsersatzansprüche von Vertragshändlern zu schaffen. Dem
Kartellgesetz wiederum, das in den §§ 30a ff auf das strukturelle
Machtgefälle in vertikalen Vertriebsbindungssystemen abstellt, sind
zivilrechtliche Ansprüche grundsätzlich fremd. Vorgeschlagen wird
daher, der Abgeltung fremdbestimmter Investitionskosten – in
Vorgriff auf die Reform des Handelsgesetzbuches – einen
Unterabschnitt im Vierten Buch des HGB zu widmen.
In Abs. 1 wird
der Tatbestand an den gebundenen Unternehmen iSd § 30a KartG
angeknüpft, um vertikale Vertriebsbindungs- und
Dienstleistungssysteme gleichermaßen zu erfassen, und aus
Gleichheitsgründen (und um Umgehungen zu vermeiden) auch auf den
selbstständigen Handelsvertreter iSd § 1 HVertrG erstreckt.
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Normiert werden Ersatzansprüche des gebundenen Unternehmens für
solche Aufwendungen und Investitionen, zu denen er vom bindenden
Unternehmer zur Förderung eines einheitlichen Erscheinungsbildes des
Vertriebes oder der Erbringung von Dienstleistungen vertraglich
verpflichtet wurde. Gehen sie über die vertraglichen Vorgaben
hinaus, sind sie daher nicht erfasst. Insbesondere markenspezifische
Aufwendungen und Investitionen – gleich, ob sie einen Sach- oder
Personalaufwand darstellen – werden damit ersetzbar. Der Anspruch
soll allerdings dann nicht bestehen, wenn und soweit die
Investitionen zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits
amortisiert sind oder am Markt weiter verwertet werden können.
Da freilich vieles in irgendeiner Weise Abnehmer auf einem
Gebrauchtmarkt finden könnte oder sonst veräußerbar ist, soll das
Kriterium der „Angemessenheit“ der Verwertbarkeit verhindern, dass
sich der gebundene Unternehmer beliebig niedrige, der Sache nicht
entsprechende Angebote anrechnen lassen muss. Der Aspekt der
Angemessenheit beinhaltet – auch in Hinblich auf Abs. 3 – zudem eine
zeitliche Komponente. In Summen sollen damit künftig vor allem
markenspezifische Aufwendungen und Investitionen abgeltbar werden,
die am Markt entweder gar nicht oder nicht zu einem Preis verwertbar
sind, der der nicht amortisierten Differenz gegenüber der
Anschaffung einer nichtmarkenspezifischen Ausstattung entspricht.
Mit Abs. 2 wird
dieser Ersatzanspruch in drei Fällen ausgeschlossen: Der gebundene
Unternehmer hat das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig
gelöst, ohne durch einen dem bindenden Unternehmer zurechenbaren
wichtigen Grund dazu veranlasst worden zu sein; der bindende
Unternehmer hat das Vertragsverhältnis aus einem dem gebundenen
Unternehmer zurechenbaren wichtigen Grund gekündigt oder vorzeitig
aufgelöst; oder der gebundene Unternehmer hat die aus dem
Vertragsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten einem Dritten
überbunden.
Die Ausschlussgründe entsprechen im Wesentlichen jenen, die auch den
Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nach § 24 Abs. 3 iVm § 22 HvertG ausschließen. Sie sind aufgrund der
verschiedenen dahinter liegenden Wertungen allerdings nicht ganz
deckungsgleich: Während das HvertG in diesem Punkt die
„arbeitnehmerähnliche“ Stellung eines Handelsvertreters
berücksichtigt und ihm etwa auch dann Ersatzansprüche zugesteht,
wenn er das Vertragsverhältnis verschuldensunabhängig wegen Alters
oder wegen Krankheit selbst kündigt, geht es hier nur um einen
Investitionsausgleich dafür, dass der bindende Unternehmer dem
gebundenen Unternehmer nicht ausreichend Amortisationszeit gewährt.
Die Ausschlussgründe sind in Abs. 2 daher bewusst weiter (lit. a)
bzw. enger (lit. b) gefasst; lit. c) nimmt zudem darauf Bedacht,
dass die Überbindung des Vertragsverhältnisses auf einen Dritten
keine „Beendigung“ desselben ieS darstellt.
Abs 3, wonach der
gebundene Unternehmer dem bindenden Unternehmer binnen Jahresfrist
die Geltendmachung seiner Ansprüche mitteilen soll, entspricht § 24
Abs. 5 HVertrG.
Um die
Schutzwirkung der Bestimmung für den gebundenen Unternehmer
sicherzustellen,soll ihre Anspruchsgrundlage als zwingendes Recht
ausgestaltet werden (Abs. 4).
Abs. 5 stellt
schließlich das Verhältnis der Bestimmung zum Ausgleichsanspruch
nach § 24 HvertG klar.
Zu Art. 66 Z 3
(Anfügung von § 906 Abs. 9 HGB):
Im Interesse
einer klaren Rechtslage soll die Bestimmung des § 454 nur für solche
Investitionen gelten, zu denen der gebundene Unternehmer nach ihrem
In-Kraft-Treten verpflichtet wurde. Daraus soll aber nicht gefolgert
werden, dass allfällige bestehende Ersatzansprüche, wie sie sich
etwa aus dem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ergeben
könnten, nicht schon bisher bestehen könnten. dies wird mit dem
zweiten Satz klargestellt.
Ausgleichsanspruch - § 24 HVertrG
Der Ausgleichsanspruch für
Handelsvertreter (gelegentlich in der Praxis auch "Abfindung"
oder "Abfertigung" genannt) wird von der Judikatur anlaog auf
KFZ-Vertragshändler angewendet, so bestimmte Voraussetzungen
vorliegen.
Literatur Investitionsersatz
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Der neue § 454 UGB
Investitionsersatz im Vertriebs- und
Zulieferwesen
Seit August 2003 normiert § 454 HGB (nunmehr § 454 UGB) für
Vertragshandels- und Franchiseverträge, Zulieferverträge und
Outsourcing-Beziehungen einen Investitionsersatzanspruch.
Demnach sind vertragsspezifische Investitionen, soweit sie
zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung weder amortisiert noch
verwertbar sind, zwingend zu ersetzen. In der vorliegenden
Kommentierung des neuen § 454 UGB werden
Anspruchsberechtigte, ersatzfähige Investitionen, die
Berechnung des Investitionsersatzanspruchs sowie die
Ausschlussgründe im Detail dargestellt. Eine Betrachtung der
Problematik aus dem Blickwinkel der ökonomischen Analyse des
Rechts und ein Überblick über die deutsche und europäische
Rechtslage runden die Darstellung ab.
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